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Interview

Cornelia Coenen Marx, Vorstand der Kaiserswerther Diakonie, zum geringen Ansehen der Schwestern

Pflege lässt sich nur schwer rationalisieren

Die Pflegeberufe werden immer unattraktiver. Die Anforderungen an die Pflege sind hoch, denn sie muss qualitativ hochwertig, effektiv und gleichzeitig wirtschaftlich sein. Mit einer umfassenden fundierten Ausbildung, der Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung und angemessener Bezahlung wird die Wertschätzung der Pflegeberufe dokumentiert. Dies betonte Cornelia Coenen-Marx, Pfarrerin und Vorstand der Kaiserswerther Diakonie sowie Vorsteherin der Kaiserswerther Schwesternschaft in einem Interview mit Redakteurin Frauke Brauns.

Warum ist das Image der Pflegeberufe so schlecht?

Unsere Gesellschaft ist zunehmend ökonomisch-technisch orientiert. Auch im Gesundheitswesen geht es um das Machbare und Berechenbare. Die Angebote sollen qualitativ hochwertig, effektiv und wirtschaftlich sein; Patienten sind zu Kunden geworden. Wo kuratives ärztliches Handeln im Vordergrund steht, scheint die Rechnung aufzugehen. Wo es um palliatives Handeln geht, wird die Kalkulation schwieriger. In der Pflege stößt die ökonomisch-technische Handlungslogik an eine doppelte Grenze: Pflege ist ein Kommunikationsprozess, der nur begrenzt funktionalisiert und rationalisiert werden kann. Und Pflege hat oft mit Menschen zu tun, deren Leistungsgrenze überschritten ist, die austherapiert oder sterbend sind. Für sie da zu sein, ist nicht gewinnbringend, ihre Würde zu wahren, hat kein hohes Ansehen. Pflege steht nach wie vor im Schatten der Medizin. Auch die Akademisierung, die in Deutschland erst zehn bis 15 Jahre alt ist, hat die professionellen Pflegeberufe nicht aus dem Stigma des "Heilhilfsberufs" herausgeholt. Der geringe Status und die niedrigen Tarife sind auch ein Zeichen für die Geringschätzung der Fürsorge-Arbeit, die in der Regel von Frauen geleistet wird.

Wie ist die Entwicklung in der Ausbildung? Gibt es heute noch genug Auszubildende, um gute Pflege zu gewährleisten?

Ein Blick auf unsere Bewerberkurve - Kaiserswerth hat 900 Schul- und Ausbildungsplätze - zeigt Mitte der 80er Jahre einen Höchststand und einen absoluten Tiefpunkt zu Beginn der 90er Jahre. Die Zahlen pendeln sich heute auf der Mitte ein - keine Beruhigung angesichts einer wachsenden Zahl hochaltriger Pflegebedürftiger. Um die professionellen Standards zu halten und Flexibilität während der Berufstätigkeit zu ermöglichen, ist eine Novellierung des Krankenpflegegesetzes dringend geboten. Dazu gehört eine Öffnungsklausel hin zu einer generalistischen, integrativen Ausbildung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege. Dass die Inkraftsetzen eines bundeseinheitlichen Altenpflegegesetzes gestoppt wurde, ist ein Rückschlag für jede verlässliche Planung.

Wer ergreift einen Pflegeberuf und warum?

Etwa 80 Prozent der Stellen in der Pflege sind von Frauen besetzt. In der Kranken- und Kinderkrankenpflege sind es meist junge Menschen mit guten Schulabschlüssen, z.T. mit Abitur, in der Alten- und Familienpflege sind es Frauen und Männer in der Lebensmitte, häufig mit abgebrochenen Berufskarrieren, aber auch Wiedereinsteigerinnen nach der Familienphase und Migrantinnen. Die Unterschiede erklären sich aus dem gesellschaftlichen Status von Krankenhaus und Altenpflegeeinrichtungen, werden aber auch durch die Förderinstrumente der Arbeits- und Sozialämter bestimmt.

Wie kann man junge Menschen motivieren, einen Pflegeberuf zu ergreifen bzw. langjährige Mitarbeiterinnen unterstützen, in diesem Beruf zu bleiben?

Pflegeberufe müssen horizontal und vertikal durchlässig sein, sie müssen Aufstiegs- und Veränderungschancen ermöglichen. Zum Teil ist das bereits gegeben. So steigen einige, die ihren Arbeitsplatz aufgeben, nicht völlig aus der Pflege aus, sondern professionalisieren sich weiter. Junge Menschen werden nicht zuletzt durch Sozialpraktika, Freiwilligendienste und den Zivildienst motiviert. Hier liegt auch eine Verpflichtung von Schule und Kirche. In den Einrichtungen hängt viel ab vom Umgang mit Hierarchien und Beteiligungsmöglichkeiten der Mitarbeiter, aber auch von der Entwicklung bewohnerfreundlicher Strukturen und der Öffnung für Angehörige und Freiwillige, also von kommunikativen Prozessen. Öffnung ist auch notwendig, um eine öffentliche Debatte über den Wert, die Professionalität und die Kosten der Pflege in Gang zu setzen. In der aktuellen Greencard-Debatte z.B. spielt die Professionalität in der häuslichen Pflege kaum eine Rolle. Zugleich wird die Qualitätskontrolle des medizinischen Dienstes in den Einrichtungen verstärkt - allerdings nur im Blick auf nachweisbare und dokumentierte Pflegeergebnisse.

Was bietet die Kaiserswerther Diakonie ihren Mitarbeiterinnen, um sie für zukünftige Aufgaben in der Pflege zu befähigen?

Neben einer guten Ausbildung und differenzierten Fort- und Weiterbildungsangeboten z.B. in Gerontopsychiatrie, Palliativ-Care und Ethikberatung bieten wir gemeinsame Arbeitsgruppen zur Projektentwicklung, Coaching für Stationsleitungen, und ein abgestimmtes Pflegeleitbild. Darüber hinaus entdecken wir wieder neu, dass Pflege Arbeit an der Identität ist und eine spirituelle Dimension hat. Dabei spielt die Kaiserswerther Schwesternschaft eine wichtige Rolle. Zur Wertschätzung für Pflegende gehört auch ein Ort zum Auftanken, den wir in unserem neu gestalteten Mutterhaus der Kaiserwerther Diakonissenschaft bieten wollen.

epd sozial, 7. Dezember 2001

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İFrauke Brauns
Redaktionsbüro Drei K