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Reportage - Alltägliches

Karin Alex gründete eine Selbsthilfegruppe für an Alzheimer erkrankte und deren Angehörige. Nach einem Gespräch am Sorgentelefon hilft sie schnell mit Rat und Tat

Die Angehörigen nicht vergessen

Von Frauke Brauns

Hiddenhausen - "Vor 13 Jahren haben wir im Verhalten meiner Schwiegermutter Veränderungen festgestellt, die wir nicht einordnen konnten", erinnert sich Karin Alex an den Sommer 1987, als ihre 65-jährige Schwiegermutter plötzlich die Blumen im Garten nicht mehr goss. Und die Strickwaren, mit denen die Großmutter immer alle Enkelkinder erfreute, blieben unvollendet im Handarbeitskorb liegen. Sprach Karin Alex ihre Schwiegermutter darauf an, reagierte diese aggressiv, schob schwindende Sehkraft vor oder behauptete, die Aufgaben würden ihr zu schwer.

Schwankungen zwischen Aggression, Depression und überschwänglicher Freude verwirrten die Familienmitglieder. "Damals war noch nicht so bekannt wie heute, dass es eine Krankheit gibt, die diese Symptome hat", erklärt Karin Alex. Während die Gedächtnislücken ihrer Schwiegermutter immer größer wurden, wurde die Familie ratloser und ungeduldiger mit der Kranken.

Zwei Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome las Karin Alex zufällig im "Spiegel" einen ausführlichen Bericht über die Alzheimer-Krankheit. Sie vermutete, dass ihre Schwiegermutter an dieser Krankheit litt. Umfangreiche Untersuchungen eines Neurologen bestätigten ihre Vermutung.

Die ganze Familie Alex war an der Pflege beteiligt.

An Alzheimer erkrankte Menschen brauchen aktivierende Pflege. Karin Alex machte gute Erfahrungen damit, die Schwiegermutter Wäsche sortieren zu lassen oder ihr einen kleinen Eimer und ein Tuch bereit zu stellen, denn sie wollte gern immer wieder das Treppenhaus wischen. "Nach getaner Arbeit, die sich manchmal über Stunden hinzog, war sie glücklich, etwas geschafft zu haben", erinnert sich Karin Alex. An der Pflege der Schwiegermutter war die ganze Familie Alex beteiligt. Alle richteten sich auf einen klar strukturierten Tag mit immer wiederkehrenden Ritualen ein. Dazu gehörte das nachmittägliche "Mensch-ärgere-dich-nicht"-Spiel von Großmutter und Enkelin, das gemeinsam Singen bekannter Kirchen- und Kinderlieder sowie das Betrachten alter Fotos. Es war wichtig, möglichst viele an der Sorge für die Schwiegermutter zu beteiligen. So konnte Karin Alex weiter ihrem Beruf nachgehen und darin Kraft für die Pflege schöpfen.

Denn sie erfuhr immer wieder, dass sie ihrer Schwiegermutter ganz genau zuhören musste und viel Phantasie brauchte, um auf deren Bedürfnisse einzugehen. "Wenn meine Schwiegermutter den Wunsch ,nach Hause zu gehen´ äußerte, nahmen wir sie an der Hand, gingen ein bisschen spazieren", erklärt sie. Bald nach der Diagnose suchte Karin Alex nach einer Selbsthilfegruppe, weil sie zwar Phantasie für Alltagssituationen aufbrachte, jedoch auf Angst und Trauer der alten Dame nicht antworten konnte. Eine Gruppe gab es damals in Hiddenhausen oder Umgebung nicht, und so gründete die Architektin selbst eine. Zum ersten Abend im April 1991 kamen 130 Personen. 30 verabredeten, sich regelmäßig zu treffen. Die evangelische Kirchengemeinde stellte im Gemeindehaus kostenlos einen behindertengerechten Raum zur Verfügung.

Fachkraft zur Entlastung der Pflege

Ein besonderer Schwerpunkt dieser Selbsthilfegruppe liegt in der Unterstützung pflegender Angehöriger. Da die Gruppe ein eingetragener Verein ist, erhält sie Spenden. "Damit können wir eine Fachkraft finanzieren, die unseren Gruppenmitgliedern stundenweise als Entlastung in der Pflege zur Verfügung steht", berichtet Karin Alex. Dann kann eine Pflegende allein und in Ruhe einkaufen gehen oder eine Freundin besuchen.

"Ein neues Angebot ist unser Sorgentelefon. Angehörige und Betroffenen können sich Rat holen", bietet Karin Alex an. Sie hört sich die Sorgen der Angehörigen an und macht Mut, wenn Erkrankte ihre Verzweiflung äußern. Aber Karin Alex informiert auch über Medikamente, die sich bewährt haben, oder welches Altenheim zu empfehlen ist. Sie weiß, welcher Arzt für die Kranken Verständnis und Erfahrung mit der Krankheit hat. "Oft vereinbare ich einen Hausbesuch." Dann können die Angehörigen sie in der häuslichen Atmosphäre kennen lernen. "Bei der Pflege sind viele Dinge zu berücksichtigen und in der Wohnung muss manches verändert werden." Das lasse sich am besten vor Ort klären.

An Alzheimer Erkrankte brauchen viel Anregung und Beschäftigung. Foto: Herzog

Gerade weil das Gespräch mit den Kranken und die Sorge um sie im Mittelpunkt stehen - und das oft Jahre lang - ist es Karin Alex wichtig, die Bedürfnisse und das Wohl der pflegenden Angehörigen nicht aus dem Blick zu verlieren. In der Selbsthilfegruppe erhalten sie von ehemaligen Pflegenden, "unseren alten Hasen", nicht nur umfassende Informationen über den Krankheitsverlauf und medizinische Hilfen. Für viele Neue ist der Kontakt zu ihnen eine Erleichterung.

Seit 1996 die Schwiegermutter von Karin Alex gestorben ist, ist ihr Tag "angefüllt mit Aufgaben für die Alzheimer Selbsthilfegruppe."

Rat und Hilfe erhalten Betroffene und Angehörige bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V., Kantstraße 152, 10623 Berlin, Telefon (0 30) 31 50 57 33, Email: deutsche.alzheimer.ges[at]t-online.de; Karin Alex ist unter (0 52 21) 6 67 79, Fax 6 75 84, zu erreichen.

Unsere Kirche, Evangelische Wochenzeitung für Westfalen und Lippe, 37/99

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Redaktionsbüro Drei K